21. SONNTAG im Jahreskreis
Evangelium nach Johannes (6,60-69)
Das Evangelium von Johannes ist für Christen geschrieben, die zwischen 90 und 100 n. Chr. lebten und viele Schwierigkeiten hatten. Sie waren aus den Synagogen vertrieben worden und wurden auch im Alltag boykottiert, vermutlich auch mit sozialen und wirtschaftlichen Folgen. All das führte dazu, dass viele Christen sich von ihren christlichen Gemeinden trennten und damit auch die Treue zu Jesus, als dem von Gott Gesandten, aufgaben.
Hier drängt sich natürlich sofort der Vergleich mit unserer Situation - natürlich in anderen Dimensionen - in der heutigen Welt, auch hier bei uns, auf. Es bringt keine Vorteile mehr Christ zu sein, zu einer Kirche zu gehören, an Jesus zu glauben. Im Gegenteil: von vielen wird man nur bemitleidet, nicht ernst genommen. „Was? Du gehst in die Kirche?“
Menschen verabschieden sich aus der christlichen Gemeinschaft, weil ihnen weder Glaube und Sprache noch die Institution Kirche als verständlich oder zeitgemäß scheinen. Und diejenigen, die sich aus ihrer Kindheit - als sie noch am Religionsunterricht teilnahmen - noch ein paar Dinge von Jesus erinnern, finden bestimmte Aussagen von ihm als eine Zumutung: „Betet für die, die euch verfolgen. Liebt eure Feinde.“ Das ist ja unrealistisch, unlebbar, lebensfremd! Jesus ist für sie uninteressant, passt nicht in ihren Vorstellungen und in ihrer Lebensart. Sie können mit Jesus und seinen Worten nichts anfangen. Sie haben ihn verlassen. Eigentlich kennen sie ihn nicht mehr. Die Kirchen leeren sich, immer mehr. Es bleibt nur noch ein kleiner Rest übrig, wie damals nur die Zwölf.
Zuerst hatte Jesus Erfolg, er wurde von den Menschen verehrt, weil er 5000 von ihnen mit Brot gesättigt hatte. Aber als Jesus dann versucht seinen Zuhörern zu erklären, wie er dieses Zeichen verstanden wissen will, kühlt die Begeisterung schnell ab. Dass sich Jesus selbst als das Brot des Lebens, als Brot das vom Himmel herabkommt bezeichnet, das dem, der es isst und aufnimmt, das ewige Leben bedeutet - damit können viele nichts anfangen oder können es nicht fassen. Und sicher nicht, wenn er über sein „Fleisch“ redet, dass man zu sich nehmen soll. Ihnen erscheinen seine Worte nicht mehr zumutbar und nicht lebbar - sie erscheinen als eine nicht glaub(ens) würdige Zumutung.
Jesus verlangt nicht so sehr, dass wir bestimmte Worte von ihm als „Wahrheiten“ annehmen. Er lädt zu einer ganz persönlichen Beziehung zu ihm ein. „Wer mit mir nicht eine so innige Gemeinschaft hat wie die aufgenommene Nahrung mit dem Körper, findet nicht das Ziel seines Lebens.“ Kein anderer Religionsgründer hat so etwas verlangt: Eine direkte, innige Beziehung zu ihm. Sie wollten nur, dass ihre Anhänger ihre Lehre übernehmen.
„Wollt auch ihr gehen?“ Es ist als ob Jesus diese Worte heute direkt an uns richtet. Wir gehören immer mehr zu einer kleinen Minderheit, wie die Zwölf, in deren Namen Petrus dann antwortet: „Zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens!“ Auch wir sind angehalten, uns immer wieder zu entscheiden, ob wir mit Jesus gehen wollen oder ihm den Rücken kehren. Solange wir leben, müssen wir uns entscheiden.
Die Zwölf bleiben nicht bei Jesus, weil sie Jesus besser verstanden hätten als diejenigen, die sich von ihm abwandten. Sie bleiben, weil sie sich im Herzen an den gebunden haben. Das, was sie von Jesus gehört, gelernt und erfahren haben, ist ihnen vom Kopf ins Herz gegangen. Seine Worte sind ihnen „Worte des Lebens“ geworden.
Gilt das auch für uns? Können wir aus dem, was Jesus uns sagt, Kraft schöpfen im Alltag, Trost und Stärke finden in Krisenzeiten? Haben wir das Gefühl, dass Jesu Worte uns von Ängsten befreien und Mut zum Leben machen?
Manchmal sind aber auch Worte nötig, die unruhig machen und aufrütteln aus dem Trott und der Bequemlichkeit, Worte, die herausfordern und etwas zumuten. Kurz gesagt: Worte, die uns lebendiger machen.
"Worte des Lebens" brauchen wir auch heute. Wo sonst als bei Jesus können wir diese finden? Wohin sonst sollten wir gehen?